Fraktionsvorsitzende Maja Becker

Rede der Fraktionsvorsitzenden Maja Becker zum Haushalt 2022 der Stadt Borken

Im Rat der Stadt Borken wurde am 15.12.2021 der Haushalt 2022 diskutiert und verabschiedet. Unter den Bedingungen der Pandemie wurde die Sitzung sehr kurz gehalten, so dass die Fraktionen nur verkürzte Statements abgegeben haben.

Hier der vollständige Text der Rede, wie sie die Vorsitzende der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Maja Becker, gern gehalten hätte.

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schulze Hessing,

sehr geehrte Herren Niessing und Kuhlmann,

sehr geehrte Mitglieder des Rates,

sehr geehrte Borkener Bürger*innen,

die Pandemie hat uns immer noch voll im Griff, mal mit weniger, mal mit mehr Einschränkungen.

Zuallererst möchte ich mich einmal bei allen Kindern bedanken:

Ihr seid toll!

Ihr seid die jüngsten und meistert die Herausforderungen, die diese Pandemie mit sich bringt, unvorstellbar gut.

Ihr nehmt die Situation als nötig hin – der Mund-Nasen-Schutz gehört für Euch ohne Diskussion einfach dazu.

Wir Erwachsenen sind es, die eine Vorbildfunktion haben und die mit den uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eine Wende herbeiführen und damit möglichst alle mit einem blauen Auge davonkommen lassen können.

Abstände einzuhalten und Kontakte kurzzeitig einzuschränken tut nicht weh – aufgeschoben ist schließlich nicht aufgehoben.

Lokale Geschäfte und Restaurants zu bevorzugen hilft der örtlichen Wirtschaft etwas besser durch diese schwere Zeit zu kommen. Seien Sie dabei.

Und das Nonplusultra: IMPFEN, IMPFEN, IMPFEN!

Schützen Sie sich und alle anderen vor einem schweren COVID-19-Verlauf.

Auch Sie sind mit in der Verantwortung.

Zum Haushalt 2022:

Viele Dinge wiederhole ich jährlich und werde dafür belächelt.

Hier zitiere ich jetzt aus unserem diesjährigen Antrag zum BO10 – Wasserstiege:

Wir alle können die Augen nicht mehr vor dem verschließen, was um uns herum stattfindet.

Auch um Deutschland, NRW und Borken macht der Klimawandel keinen Bogen: Ernteausfälle, Hitze, Kälte, Feuer, Überschwemmungen und gleichzeitig zunehmende Wasserknappheit.

Frau Bürgermeisterin Frau Schulze Hessing sagte dazu in ihrer diesjährigen HH-Rede

(Auszug daraus): Wir alle stehen vor der größten Herausforderung, den Klimawandel zu begrenzen und die Folgen der bereits spürbaren Klimaveränderungen zu bewältigen …

Seien wir ehrlich: „Es ist bereits 10 nach 12.“

Wir stehen in der Verantwortung und müssen diese auch wahrnehmen. Wir sind in Borken auf einem guten Weg …

Zitat Ende

Natürlich lässt sich nicht alles auf kommunaler Ebene beeinflussen!

Aber es gilt, die Lebenswelten aller Bürger*innen wahrzunehmen und dort aktiv zu werden, wo es vor Ort Möglichkeiten gibt:

1) Im Verkehrsbereich mit Angeboten, die nicht nur auf das Auto setzen.

Da gilt es, gut ausgebaute Fuss- und Fahrradwege und einen bezahlbaren und breit aufgestellten ÖPNV zu fokussieren.

2) In einem Wohnungsbau, der nicht vorrangig auf das klassische freistehende Einfamilienhaus im Grünen setzt.

Bezahlbarer Wohnraum für Alt und Jung, für Menschen mit und ohne Einschränkungen – nicht nur barrierefrei, sondern behindertengerecht. 

Warum später teuer und umständlich umbauen, wenn es von Anfang an mitgedacht werden kann, wie z. B. breitere Türbögen und gut durchdachte Badezimmer.

Wohnungen von klein für Singles bis groß, wo Wohnformen für Familien mit mehreren Kindern oder WGs für Senioren oder Menschen mit Behinderung verwirklicht werden können.

Jede*r von uns kann einmal darauf angewiesen sein.

3) In einer Klimapolitik, die Bürger*innen aktiviert und kreative Lösungen für die Region entwickelt.

Wir als Grüne forderten die Aufstockung um 20.000 Euro im Rahmen der Biodiversitätsstrategie für Öffentlichkeitsarbeit.

Im Gespräch mit den Imkern und Landwirten sollen weitere Flächen besonders in der Nähe ihrer Standorte gesucht werden, denn der Rückgang an Bestäubern trifft die Landwirtschaft, aber auch wir alle sind davon abhängig.

Das LEADER-Projekt „Grüner Faden“ ist da schon ein guter Ansatz.

Die Bereitstellung und Anlage von Grün-/Blühflächen ist auch ein Anliegen der Stadt, das wir sehr begrüßen, dennoch gibt es noch mehr zu tun, besonders im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, denken wir da nur an die vielen Schottergärten, unbegrünte Dächer und versiegelte Flächen innerhalb unseres Stadtgebietes. Da gibt es so viel Potenzial.

Und auch auf den vielen städtischen Liegenschaften ist sicherlich auch noch mehr als bisher möglich, um die Biodiversität zu erhöhen und Borken noch mehr zum Blühen zu bringen – in dieser Corona-Tristess und für die Kinderaugen der kommenden Generationen???

4) In einer Inklusionspolitik, die Unterschiedlichkeit und Vielfalt als Bereicherung erfahrbar macht.

Mit Sicherheit ist es in vielen Köpfen schon angekommen:

Menschen mit Behinderung gehören dazu – ganz einfach.

Aber im wahren Leben sieht das völlig anders aus.

Da steht ein Mensch mit Rollstuhl zum Beispiel vor einer Tür, die verschlossen bleibt, da sie sich nicht automatisch öffnet.

Da sucht ein Mensch mit einer geistigen Behinderung eine Wohnung und wird nicht angenommen, weil (wörtlich) „es den anderen Mietern nicht zumutbar ist“.

Da steht ein Mensch mit Kinderwagen vor der Tür seines Hausarztes und kann aufgrund der Stufen am Eingang diesen nicht aufsuchen.

Da sind die Bordsteinkanten, die Rollator-Nutzer*innen Steine in den Weg legen.

Da ist das Schwimmbad, das im kompletten Saunabereich nicht über ein Behinderten-WC verfügt.

Das alles ist Realität in Borken und es sind gute Beispiele dafür, zu sehen, dass es noch nicht überall so gut funktioniert, wie hier einige glauben.

Und genau deshalb müssen wir die Dinge mutig anpacken, Gelder in die Hand nehmen und auch sichtbarer Vorreiter*innen sein.

Jeder Euro, der heute und in Zukunft in diesen Bereichen ausgegeben wird, ist gut investiert.

Im Haushaltsplanentwurf 2022 finden sich mehrere Posten, die uns sauer aufstoßen, unter anderem

  • die vollständige Bebauung BO 10 Wasserstiege, dies sehen wir immer noch als nicht sinnvoll und klimatisch nicht vertretbar an – eine Alternativ-Planung haben wir eingebracht
  • das weitere Planen und Umsetzen neuer Gewerbegebiete – Leerstände sollten umgenutzt und Etagenbauten bevorzugt werden – das schont den Flächenverbrauch
  • Nachverdichtung, Generationentausch und das Bauen in die Höhe wären da gute Möglichkeiten, anderweitig zum Ziel zu kommen.

Aber es gibt auch gute Ansätze im Haushaltsplanentwurf 2022, z. B.

  • Straßen werden zu Fahrradstraßen
  • Photovoltaik auf städtischen Gebäuden sind bald keine Träume mehr
  • Biodiversität hat Einzug erhalten
  • Inklusion ist kein Fremdwort mehr und findet immer häufiger Gehör (das Wort steht zumindest 29 Mal im HH)
  • Fluss-/Bachläufe werden renaturiert
  • Schulen werden saniert/erweitert, als Beispiele: Astrid-Lindgren-Grundschule Burlo und Jodocus-Nünnig-Gesamtschule, Cordula Grundschule und Julia-Koppers-Gesamtschule
  • es gibt breit aufgestellte Sport-, Kultur- und Freizeitaktivitäten
  • die Digitalisierung schreitet voran und damit verbunden die Bereitstellung/Bezuschussung von Tablets an Schüler*innen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten die guten Maßnahmen nicht verhindern, können sie aber auch nicht bedenkenlos abnicken.

Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung für den Haushalt 2022 enthalten.

Ich danke allen Menschen, die in und für Borken ihr Bestes geben, damit es in unserer Stadt, den Stadtteilen und Außenbereichen weiterhin so harmonisch und bunt bleibt.

Ich wünsche Ihnen allen wunderbare Weihnachten und uns ein Jahr 2022 ohne Sorgen, aber mit ganz viel Glück, Freude und der Zuversicht, dass wir gemeinsam die Pandemie hinter uns lassen.

Bleiben Sie gesund!

P.S. Die Anträge, auf die Bezug genommen wird, sind alle auf der Seite Anträge zu finden.

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