Rede der grünen Fraktionsvorsitzenden Maja Becker zum Haushalt 2024 der Stadt Borken

es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schulze Hessing,
sehr geehrter Herr Niessing,
sehr geehrter Herr Kuhlmann,
sehr geehrte Mitglieder des Borkener Stadtrates,
liebe BorkenerInnen,

„Borken ist eine Insel“

Diese Worte begleiten uns schon seit einigen Monaten.

Aber was ist eine Insel eigentlich?

Laut Wikipedia ist eine Insel eine in einem Meer oder Binnengewässer liegende, auch bei Hochwasser über den Wasserspiegel hinausragende Landmasse, die vollständig von Wasser umgeben ist.

Schauen wir in die Umgebung und vergleichen mal verschiedenste Parameter, kann man sagen: „Wir in Borken leben tatsächlich auf einer Insel.“

In einer Umfrage hat der SKL-Glücksatlas in Zusammenarbeit mit der Uni Freiburg festgestellt (ich zitiere aus dem Glücksatlas 2023):

„Das Münsterland, die Regionen rund um Köln und Düsseldorf sowie Teile Westfalens gehören mit zu den deutschlandweit glücklichsten Regionen“ – Zitat Ende.

Nehmen wir die Versorgungsquote der U3-Kinder in Kitas: Diese liegt bei uns in der Stadt Borken im nächsten Jahr bei 60,57 %, im NRW-Durchschnitt aktuell bei nur ca. 31 %, deutschlandweit bei knapp 36 %.

Die städtischen Schulen sind in einem „fast“ sehr gutem Zustand im Vergleich zu z. B. Schulen im benachbarten Ruhrgebiet.

Einen Renovierungsstau gibt es bei uns natürlich auch – dieser wird aber peu a peu abgearbeitet und es entstehen Vorzeigeschulen, wie zuletzt die Astrid-Lindgren-Grundschule in Burlo oder die Jodocus-Nünning-Gesamtschule in Gemen.

Aktuell konzentrieren wir uns auf die Julia-Koppers-Gesamtschule mit der anliegenden Remigius-Grundschule. Die Planung für die Modernisierung und Erweiterung der Cordula-Grundschule in Gemen wurde beschlossen. Ich freue mich bereits jetzt auf die Baufortschritte und Endergebnisse. Da macht das Lernen noch mehr Freude.

Sport zu treiben ist in Borken überhaupt kein Problem. Unsere breit aufgestellte Vereinsvielfalt bietet für jeden Sportwilligen die passende Möglichkeit, sich aktiv fit zu halten.

Durch unsere vorgehaltenen drei Schwimmbäder und diversen Sporthallen, die durch uns finanziell unterstützte Erstellung von Kunstrasenplätzen ist in Borken Sport zu jeder Jahreszeit und bei fast jedem Wetter möglich.

Unsere SeniorInnen können gut und breit gefächert betreut werden: Ob stationär, in der Tagespflege, durch ambulante Pflegedienste und natürlich – nicht zu vergessen – durch die gute und unverzichtbare Betreuung daheim von den Angehörigen.

Im Bereich der erneuerbaren Energien sind wir auf einem richtig guten Weg: Aktuell haben wir bereits über 25 Windenergie-Anlagen positiv beraten und bei der möglichen Inbetriebnahme von Freiflächen-Photovoltaik gibt es auch mehrere örtliche Investorengruppen, die sich auf den Weg machen wollen.

Die Arbeitslosenquote in unserer Stadt ist weiterhin extrem niedrig und beträgt nur 4,3 %, in NRW aktuell
7,2 %, deutschlandweit 5,6 %

Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung liegt bei über 20.500  Personen.

Für eine Stadt mit einer Einwohnerzahl von etwa 43.500 Menschen ein toller Erfolg.

Die Inklusion ist bei uns nicht mehr nur auf dem Papier stark, sondern wird in Borken immer mehr gelebt. Auch wenn es dafür immer noch aktive StreiterInnen und Ausdauer braucht. Der Alltag für behinderte Menschen ist nicht leicht und es besteht an vielen Stellen noch Verbesserungsbedarf. Das haben wir im Blick und unser öffentlicher Raum wird stetig behindertengerechter. Also: Es wird langsam.

Die Sportvereine öffnen sich zunehmend; die digitalen Medien werden leichter verständlich und damit barrierefreier.

Hier mein Appell an Sie, liebe BorkenInnen: Melden Sie sich, wenn Ihnen Barrieren im Alltag begegnen – gemeinsam können wir diese abbauen und an der Barrierefreiheit arbeiten.

Bei der Aufnahme und Betreuung geflüchteter Menschen aus allen Teilen der Welt (aktuell betreuen wir viele Personen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak und vor allem auch mehrheitlich aus der Ukraine) machen wir hier in Borken unsere Sache richtig gut. In den meisten Fällen gelingt uns eine Unterbringung in dezentralen Wohnmöglichkeiten. Die Angebote wie Sprachkurse, Kinderbetreuung und -beschulung sind hier noch möglich, wenn auch mit viel Unterstützung durch Ehrenamtliche, viel Manpower, Ideenreichtum, aber auch einigen Einschränkungen verbunden.

Ich möchte mich dafür bei allen Beteiligten für ihren Einsatz, für die Unterstützung, das Verständnis und Durchhaltevermögen bedanken.

Ich komme noch einmal zurück auf den „Insel-Vergleich“: Wir in Borken leben also gleichsam auf einer „Insel der Glückseligen“?

Doch wir alle wissen genau: Es kann keine Inseln geben in dieser sehr komplexen Welt, in der alles mit allem zusammenhängt. Eine Insel kann sich nicht von allein entwickeln, ist nicht isoliert. Sie steht in zahlreichen Wechselwirkungen und Beziehungen, die beeinflussen, wie es hier läuft und ob es gut läuft.

Da sind zum einen die Einflüsse von außen:

Dazu zählen die Interkommunale Zusammenarbeit, z. B. im Bereich des Hochwasserschutzes, und verschiedenste LEADER-Projekte der EU.

Förderprogrammen von Bund und Land helfen bei der Umsetzung von Bauvorhaben und Modernisierungsmaßnahmen.

Die Partnerschaften mit anderen Städten, wie Whitstable in England, Alberslund in Dänemark, Grabow in Mecklenburg-Vorpommern, Mölndal in Schweden, Bolkow in Polen und Ricany in Tschechien.

Der Austausch mit den Partnerstädten bringt uns gegenseitige Bereicherung, Einblick in andere Kulturen, Ideenaustausch und Unterstützung.

Nicht zu vergessen die neue Solidaritätspartnerschaft mit Podilsk in der Ukraine und der Kontakt zu den Nachfahren der Familie Gans in Israel und die Unterstützung dorthin im Rahmen unserer Möglichkeiten.

Das andere ist: Es braucht Initiativen von innen

Ein lebenswertes Leben besteht nicht nur aus Kita, Schule, Wohnen und Arbeit.

Wichtige Komponenten für Lebensqualität sind der Erhalt, die Verbesserung und die Förderung der örtlichen Flora und Fauna. Hier Rückschritte zu machen, Investitionen zu streichen oder zu blockieren fällt uns früher oder später auf die Füße. Von Investitionen in den Bereichen Umwelt und Klima profitieren wir alle. Versäumnisse kämen uns in Zukunft teuer zu stehen.

Wir haben bereits tolle Förderprogramme aufgelegt:

Diese sind es wert, weiterhin gut beworben zu werden, damit viele BorkenerInnen sie in ihre Planungen für ein grüneres Borken aufnehmen können. Ich würde mich riesig freuen, wenn diese noch viel mehr angenommen werden und wir vielleicht sogar über eine Erhöhung der Fördertöpfe nachdenken müssen.

Das Mikroklima ist so wichtig für eine gesunde Umgebung.

Borken muss für Zuzüge aus anderen Regionen attraktiv bleiben.

Allzu oft werden diese jedoch durch den Mangel an Wohnraum erschwert.

Welche Einflussmöglichkeiten haben wir vor Ort?

Dürfen wir den Wohnungsmarkt nur den Gesetzen von Angebot und Nachfrage überlassen?

Nutzen wir als Kommune alle Handlungsoptionen?

Sozialer Wohnungsbau, Genossenschaftsmodelle und die Entwicklung kostensparender Bau- und Renovierungsmodelle gehören verstärkt auf die Tagesordnung der Borkener Politik.

Dazu zählen auch verstärkte Bemühungen, geflüchtete Menschen schneller in Ausbildung und Arbeit zu integrieren. Der Fachkräftemangel wird sich in den nächsten Jahren zu einer Herausforderung entwickeln, die alle anderen Themen überragt.

Es ist jetzt schon spürbar.

Auf die Zahl der Zuweisungen hat Borken wenig Einflussmöglichkeiten, auf die berufliche Integration der Menschen mit Bleibeperspektive jedoch sehr wohl.

Hier gilt es, örtliche Initiativen zu stärken, Neues zu erproben und Erfolge zu feiern. Dabei können wir auf eine starke örtliche Wirtschaft zurückgreifen, die schon oft gezeigt hat, dass Zupacken und Engagement mehr bringt als Resignation und Abwarten!

Bleiben Sie mutig bei Entscheidungen für eine gute Zukunft von Borken, für „unsere Insel“, unsere konkrete Lebensumgebung, die nicht isoliert ist und nach außen und nach innen wirksam ist.

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch mitteilen, wie wir Grüne uns in diesem Jahr in Rahmen der Abstimmung zum Haushalt 2024 verhalten werden

Selbstverständlich stoßen uns immer noch einige Haushaltsansätze auf, wie z. B. der baldige Beginn der Erschließung von BO10 Wasserstiege und der immer noch übermäßige Flächenverbrauch im Bereich Gewerbeentwicklung – leider ist es in Borken immer noch nicht möglich, über Entwicklungen in die Höhe anstatt in die Fläche und über Verdichtung zu reden und dies auch umzusetzen.

Nichtsdestotrotz werden wir Grüne in diesem Jahr dem Haushalt zustimmen.

 

Meine Fraktion und ich wünschen Ihnen und Ihren Familien eine wunderbare Weihnachtszeit und dass wir im kommenden Jahr alle gesund bleiben und weiterhin positiv im Sinne der BorkenerInnen handeln.

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